Ich bin jetzt sechsundvierzig Jahre alt. Greta, unsere mittlere Tochter hat unlängst unser Hochzeitsfoto angeschaut und gemeint: „Papa da schaust Du aber gut aus.“ Das war vor 12 Jahren. Seit dem hat sich vieles verändert.
Meine Frau und ich haben früher viel Tischtennis gespielt. Diese Duelle gibt es nicht mehr und manches Mal denke ich, das ist vielleicht gut so, da ich öfter verloren als gewonnen habe. Das Glück hat öfters entschieden, wenn es knapp wurde. Aber da das Glück mehr auf der Seite meiner Frau war, war es dann doch eher mehr das Können als das Glück – vermute ich jetzt im Nachhinein.
Der Alltag klappt auch mal ohne Mama
Als unsere erste Tochter auf die Welt kam, das war vor 8 Jahren, startete unser Projekt Familie. Dass wir noch zwei weitere Kinder bekommen haben, ist ein Glück und es hat dazu geführt, dass sich meine Wertigkeiten stark verschoben haben. Ich wollte einfach mehr zuhause bei den Kindern sein, nicht nur am Wochenende, sondern mir war es wichtig, dass dies ein Tag unter der Woche ist, wo einfach die alltäglichen Sachen wie Einkaufen, Essenmachen oder Aufräumen erledigt werden müssen. Seitdem bin ich viel selbstbewusster in diesen Dingen geworden. Der Alltag klappt auch mal ohne Mama. Meine Frau hat dadurch mehr Freiheiten und das Vertrauen, dass Papa das schon schaukelt. Unsere Kinder sind es gewöhnt, wenn Papa kocht, wenn Papa die Kinder ins Bett bringt und gute Nachtgeschichten vorliest oder wenn er mal bei den Kindern schläft, wenn ein Kind krank ist. Unlängst hat Greta gesagt: „Papa, wenn Mama nicht da ist, ist es so still.“ Anika darauf: „Ja das ist auch mal fein.“
Angst ist ein schlechter Ratgeber
In meinem Hauptberuf bin ich selbständig als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einem überschaubaren, familiären Team tätig. Einerseits habe ich dadurch mehr Freiheiten, andererseits werde ich manchmal belächelt oder es wird einem zu verstehen gegeben, dass ein Teilzeitjob in einer Führungsposition nicht möglich ist. Vieles ist möglich, wenn man Veränderungen will und zulässt. Angst ist ein schlechter Ratgeber.
Das Glück zu haben, mehr Zeit bei den Kindern zu verbringen, hat auch dazu geführt, dass unsere Kinder einfach länger bei den Eltern zuhause bleiben können, und meine Frau früher wieder Teilzeit unterrichtet. Die Kinder genießen die Zeit zuhause und es ist dies einfach das Fundament für eine gute und tiefe Bindung zwischen Kindern und Eltern. Meine Frau genießt die Zeit in der Schule und ihre Schüler genießen meine Frau oder das Eis, wie ich unlängst festgestellt habe: Englischunterricht findet auch mal direkt in der Eisdiele statt: Das Eis wird auf Englisch bestellt. Learning by doing …
Schichtarbeit ohne Zuschläge
Seit ich mehr zuhause bei den Kindern bin, wird mir auch bewusst, dass ein Tag im Büro sich zuweilen wie Wellnessferien anfühlt und zuhause eigentlich nicht die Freizeit wartet, sondern die zweite Schichtarbeit, allerdings ohne Überstunden-und Nachtzuschläge. Fürsorgearbeit wird finanziell bestraft. Das trifft insbesondere die Mütter. In meinem Fall betrifft es mich, da jeder Teilzeitbeschäftigte überproportional auf finanzielle Leistungen verzichtet. Der Grenznutzen finanzieller Mehrarbeit in der Kanzlei wiegt unseren Beziehungsnutzen zuhause allerdings bei weitem nicht auf.
Je älter, desto glücklicher
Ich vermisse eigentlich nichts von früher und habe mir unlängst gedacht, dass je älter ich werde, je glücklicher ich mich fühle. Die Werbung und die Medien behaupten das Gegenteil. Wenn man davon weniger konsumiert, so hat man mehr Geld und mehr Freiheiten und man wird weniger beeinflussbar. Auch die finanziellen Freiheiten meines Alters sind von Vorteil. Nein, ich möchte nicht nochmals 20 Jahre alt sein, studieren gehen, Prüfungen ablegen müssen, überlegen, ob sich das dritte Bier finanziell ausgeht.
Mir ist es wichtig, meine Kinder begleiten zu dürfen, für sie und meine Frau mehr Zeit zu haben. Nicht die Qualität der Zeit ist entscheidend, also was man alles in kurzer Zeit mit den Kindern macht oder meint machen zu müssen, sondern ganz im Gegenteil, die Quantität der Zeit – einfach für sie da sein – eigenverantwortliches Tun und Handeln fördern und sie begleiten.
Das bedeutet für mich, unsere Kinder und unsere Familie Glück!
Markus (dreifacher Papa)