Die kleine M. (21 Monate) ist ein Genie.
Zugegeben:
a) Alle Eltern nehmen das von ihren Kindern an.
b) Ich habe bei allen mir (vor der Geburt von M.) geschilderten Vergleichsleistungen anderer Kinder weggehört.
Damit relativiert sich der erste Satz vielleicht für viele, für mich bleibt er trotzdem die Wahrheit.
Grund für meine Annahme ist die rasante sprachliche Entwicklung der kleinen M.:
„Papa“ kann sie freilich schon lange sagen. Kein Ding, das war ihr erstes Wort. (Ich hab’s genau gehört, egal was Mama behauptet.) Nach der ersten Handvoll einsilbiger Worte, vor allem „Nein“, geriet der Lernprozess erst etwas ins Stocken, um dann – vor wenigen Wochen – mit Vollgas anzulaufen.
„Opa“ war der verbale Startschuss. Der Opa himself und der Rest der Familie hatten bereits monatelang immer wieder souffliert, die kleine M. beharrlich geschwiegen. Jetzt ging es plötzlich. Und wie. „Auto“ sagt sie auch. Und „Ubschaubr“. Bald wird’s dann auch ein „Hubschrauber“.
„Trinken“, „Schaukeln“, „Sudeln“ (= Zeichnen) – die Anweisungen an die erwachsene Umwelt werden unmissverständlich mitgeteilt. Wenn die Eltern brav sind, gibt’s beizeiten ein „Bitte“ oder sogar ein „Danke“.
Gerade gängige Floskeln merkt sich die kleine M. besonders gut. Dinge, die sie (von Papa und Opa) oft hört, wenn Not am Mann und guter Rat teuer ist. „Mama kunnt glei“ gibt sie deshalb phonetisch perfekt wieder.
Raum für pädagogisch wertvollen Spaß muss natürlich auch bei dieser Entwicklung sein. So sagt M. zwar die Worte schon einwandfrei, aber ich feile noch an ihrem Gollum-Einschlag von „Mein Schatz“. Derzeit ist auch „Hoch die Hände, Wochenende“ in Arbeit, den wichtigsten Teil beherrscht sie tadellos: „Wokenändä!“ Papa ist so stolz.
Aber die vielleicht bemerkenswerteste Lektion hat die kleine M. ohne Hilfe selbst gemacht. Sie hat sich ein Wort ausgesucht, das sie lernen wollte: Ein Wort, das nur ganz selten fällt; ein außergewöhnliches Wort; ein Wort, das bei meiner Frau und mir ein Füllhorn an Reaktionen hervorruft – Erheiterung, Verstörung, hoffnungsvolles Ignorieren und schließlich theatralische Ablenkungen.
“Scheiße.”
Foto: Miro Kuzmanovic
Blog-Autor
Mathias Bertsch