Gedanken eines Papas
Ein wenig Privates
Ich darf mich zunächst kurz vorstellen: Mein Name ist Michael Willam, ich bin vor kurzem 39 Jahre alt geworden, habe Theologie und Ethik studiert und bin seit knapp zehn Jahren in leitender Funktion bei der Diözese Feldkirch angestellt. Ich bin in Hohenems aufgewachsen und wohne seit 2009 mit meiner Frau Margit und meinen drei Kindern (1/2, 2 und 3,5 Jahre) in Weiler im sonnigen Vorderland. Mein Beruf gefällt mir. Er ist sehr abwechslungsreich und umfasst Themen von der Seelsorge im Krankenhaus, über das „faire Leben“ bis hin zum Bereich der Elternbildung, den ich bis vor kurzem leiten durfte.
Leitungs-Jobsharing
Was meinen Beruf für mich auch sehr attraktiv macht, war und ist die Möglichkeit, zugunsten der Familienarbeit meine Anstellung zu reduzieren. Zum ersten Jänner diesen Jahres bin ich in einer 50 % Elternteilzeit – unter Abgabe eines Teiles der Teamleitung machen wir in diesem breiten Bereich ein klassisches Leitungs-Jobsharing. Eine Kollegin, ebenfalls mit kleinen Kindern zuhause, stockte dafür entsprechend auf.
Die Balance halten
Meine Frau und ich haben uns die Woche am Reißbrett aufgeteilt. Ich arbeite beruflich Montag, Mittwoch, Freitagvormittag. Meine Frau Dienstag, Donnerstag und Freitagnachmittag. Bleibt für beide jeden zweiten Tag Familienarbeit. Ein großer Gewinn, da sind meine Frau und ich uns einig, sind die ganzen Tage, die wir entweder mit den Kinder oder im Berufsleben verbringen. Das erlaubt eine bessere Abgrenzung von Familie und Beruf. Schließlich gilt es, in jedem der beiden Bereiche das Beste zu geben. Ich will ein toller, für die Kinder greifbarer und präsenter Papa sein – und beruflich sehr gute Leistungen erbringen. Ach, ja … Ehemann bin ich ja auch noch – das hätte ich fast vergessen … vielleicht ist dies symptomatisch für eine der größten Herausforderungen, die ich zu bewältigen habe: Alles unter einen Hut zu bekommen. Es ist zumindest für mich unmöglich, alle Bereiche gleichzeitig zu 100 % zu erfüllen. Diese Erkenntnis nimmt mir viel Druck weg, merke ich gerade. Wichtig scheint mir, dass ich keinen dieser Bereiche komplett aus den Augen verliere, dass ich die Balance halte.
Rollenbilder
Ich merke, wie ich mich aufgrund fehlender Vorbilder in meiner Rolle als Mann und Papa in Elternteilzeit selbst erfinden muss. Konkret heißt das für mich, über meine Rollenbilder nachzudenken. Kann man zwischen dampfenden Windeln, permanent zu putzenden Rotznäschen und rumpelnden Waschmaschinen seine Männlichkeit bewahren? Mir wird klar, dass die gängigen Rollenklischees allesamt zu kurz greifen. Ich empfinde es als spannenden Weg, diesen Begriff für mich neu zu definieren. Was heißt es für mich, ein guter Papa zu sein? Einer, der liebevoll und auch streng sein kann? Einer, der greifbar ist, die Kinder stark macht, ihnen Halt gibt, der mit ihnen „blödeln“ und herumtollen kann und der trotzdem Respektsperson ist? Vielleicht.
(Fast) überall nur Mütter!
Jedenfalls hält sich die Möglichkeit, mich über diese Themen mit Gleichgesinnten auszutauschen, recht in Grenzen. Überall begegnen mir Mütter mit ihren Kindern: Auf dem Spielplatz. Im Bus. Beim Einkaufen. In der WIKI-Kinderbetreuung. Ich komme mir manchmal wirklich wie ein Exot, wie der „erste Mohikaner“ vor. Etwas tröstlich sind dabei die bewundernden und beinahe sehnsüchtigen Blicke einiger Mütter, wenn ich in der Garderobe der Kinderbetreuungseinrichtung sitze und meinen beiden Quälgeistern die Nase putze. Und letzthin, als ich mit Schweißperlen auf der Stirn in besagter Garderobe ein weiteres Mal versucht habe, der Rasselbande Herr zu werden, betrat doch tatsächlich ein Mann den Raum. Groß gewachsen, mit einem väterlichen Blick und sicheren Schrittes kam er auf mich zu. Gerade in dem Moment, als ich ihn mit einem brüderlich-solidarischen Kopfnicken grüßen wollte, fragte mich der Mann, ob ich wisse, wo die Leiterin der Einrichtung sei. Er habe ein Paket abzuliefern.
Michael Willam