Als Vater von drei kleinen Kindern (1,5 / 3 / 4,5 Jahre) darf ich im Ausmaß von zweieinhalb Tagen in der Woche im Rahmen meiner Elternteilzeit ganz für Haushalt und Kinder da sein. Das klingt auf den ersten Blick recht beschaulich. Haushalt und Kinder neben einer 60 %-Anstellung als Aufgabe zu haben, hört sich für manche vielleicht wie Erholung an.
Das bisschen Haushalt, macht sich von allein
„Das bisschen Haushalt, macht sich von allein – sagt mein Mann!“, lautet eine bekannte Liedzeile, die für mich seit nunmehr über vier Jahren eine ganz neue Bedeutung erlangt hat. So ertappe ich mich, mehrmals täglich leise dieses Lied zu summen, gerade als mir der Berg an zu erledigen Aufgaben wieder einmal über den Kopf zu wachsen droht.
Tatsächlich, so meine Erfahrungen in den letzten Jahren, sind die Büro-Tage, auch wenn diese manchmal stressig und turbulent sind, die wahre Erholung. In Ruhe einer Aufgabe nachgehen zu können, den Tag beginnen zu können ohne drei Kinder versorgen, füttern, liebkosen, ermahnen und anziehen zu müssen, in Ruhe zu duschen und Körperpflege betreiben zu können: Das sind alles Dinge, die mir Kraft geben und mich bereit machen, den nächsten „Kindertag“ wieder gut übernehmen zu können. Welch` ein Respekt habe ich seitdem vor Vollzeit-Müttern oder gar Alleinerziehenden bekommen, die den ganzen Tag hindurch keine Entlastung von einem Partner erwarten können! Das Arbeitspaket „Haushalt–Kinder“ gut, nicht nur irgendwie, sondern richtig gut zu erledigen, verdient für mich die allergrößte Hochachtung!
Meine Kraftquellen
Wenn ich mir nochmals die Frage vor Augen führe, was derzeit die größten Kraftquellen in meinem Leben sind, dann fallen mir drei Dinge ein:
- Die tiefe und wohltuende Überzeugung, dass es Sinn macht, was ich tue und dass es das Beste, Nachhaltigste und Bereicherndste ist, was mir je passiert ist. Noch nie in meinem Leben habe ich mir so wenig Gedanken über den „Sinn des Lebens“ gemacht wie in der jetzigen Lebensphase!
- Dass mir meine Kinder in vielen kleinen Momenten unglaublich viel zurückgeben: Der Kleinste ruft jeden Morgen zu allererst „Papa!“ aus seinem Bettchen und es zieht mir schon beim ersten Aufwachen einen breiten Grinser im Gesicht auf. Der Mittlere kann mich aus heiterem Himmel umarmen und mir zuflüstern: „Papa, du bist mein Freund“. Und meine große vierjährige Prinzessin liebt es, mich direkt nach meiner Ankunft zuhause im vollen Tempo über den Haufen zu rennen.
- Ich weiß, dass die Kinder irgendwann „aus dem Gröbsten” raus sind und ich meine verlorene Freiheit und Selbstbestimmung, was den privaten Tagesablauf betrifft, irgendwann wieder zurück haben werde. Auch das gibt mir Kraft. Klingt komisch, ist aber so, wenn ich ehrlich bin.
Kinder als große Herausforderung
Vielleicht ist es genau der vermeintliche Widerspruch zwischen Punkt eins und Punkt drei, der dieses Abenteuer so spannend macht. Ich weiß zu 100%, dass es das Sinnvollste und Großartigste ist, das mir je passiert ist in meinem Leben. Gleichzeitig fordert mich die Situation als Mensch voll heraus und führt mich an meine Grenzen – und darüber hinaus. Mir ist spätestens nach dem 100sten Gespräch mit Eltern, die schon ältere Kinder haben klar, dass das “Herausgefordert-Werden” mit Kindern, auch oder gerade wenn sie älter werden, wohl nie aufhört. “Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen”, lautet ein Satz, den ich schon fast nicht mehr hören kann. Das mag schon stimmen in manchen Fällen, keine Frage. Ich bilde mir jedoch ein, dass ich mit der wieder gewonnenen Freiheit und Selbstbestimmung in meinem Leben eine alte Kraftquelle anzapfen kann, die seit einigen Jahren versiegt ist. Ich meine, dass die Freiheit, mal spontan mit meiner Frau oder alleine in die Natur zu gehen, das Kino zu besuchen oder einen Kurzurlaub zu buchen dabei helfen wird, die zu erwartenden größeren Sorgen und Spinnereien meiner Pubertierenden besser zu ertragen und zu meistern. Jedenfalls hoffe ich das inständig!
Und ja, Kraft gibt mir auch, dass ich z.B. in Form dieses kleinen Blog-Artikels immer mal wieder die Gelegenheit habe, das Erlebte zu reflektieren und meine Gedanken zu Papier zu bringen. Ich kann auf diese Weise kostengünstig mein Innenleben aufarbeiten und erspare mir jede Menge Supervisionskosten. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob es Sie als Leser/in wirklich interessiert, was in einem 40-jährigen Vater wie mir so vorgeht. Ich tröste mich damit, dass Sie diese Zeilen bis hierher ja nicht lesen hätten müssen und Sie schon früher abschweifen hätten können, wenn es Ihnen zu langweilig gewesen wäre. Und vielleicht sind Sie ja drangeblieben, weil Sie ähnliche Erfahrungen mit Ihren Kindern gemacht haben oder machen –oder aber ganz konträre, die alles, was ich geschrieben habe, auf den Kopf stellen! Dann freut es mich umso mehr, weil es womöglich gelungen ist, Sie zum Nachdenken, zum Schmunzeln oder zum Lachen zu bringen.
Blog-Autor
Dr. Michael Willam