Lass das mal den Papa machen
In der modernen Zweier-Elternbeziehung teilt man sich die Aufgaben gleichberechtigt. Beim Vorlesen von Kinderbüchern, beim Beseitigen des hinterlassenen Spielzeug-Chaos’ oder beim Wechseln von Windeln wird bei uns nicht gegendert. Im Zweifelsfall entscheidet das Los.
Aber trotz des zeitgemäßen Ablegens von Geschlechterrollen im Alltag gibt es immer noch ausgenommene Wirkungsbereiche, um die muss man sich als Papa weniger bzw. mehr bemühen.
Recht automatisch in meine Verantwortung fällt beispielsweise die Neubereifung des Bobbycars oder der Aufbau von Kindermöbeln. Die Antwort, ob sie es eventuell doch besser kann, ist mir meine Mrs. noch schuldig geblieben. Ich wäre wahrscheinlich überrascht.
Spürbar weniger Kompetenz wird mir in Sachen Mode zugetraut. Die gut sortierte Auswahl für das jeweilige Tages-Outfit liegt meist vor der Übernahme unserer kleinen M. (mittlerweile 2 Jahre alt) startbereit neben dem Wickeltisch. Da wird nichts dem Zufall (mir) überlassen, von den Socken bis zur Jacke ist der Ausgeh-Look fertig konzipiert.
Um auf diesem Gebiet Boden gut zu machen, musste ich sauber arbeiten. Konkret: Meine Mrs. neigt tendenziell zu rosa Kinder-Outfits, hier argumentierte ich konsequent in die Gegenrichtung. Mit Erfolg. Meine Ablehnung des Gendermarketings wurde (zumindest teilweise) akzeptiert. So öffnete sich für den Papa ein „Window of opportunity“, ein Gelegenheits- und Zeitfenster der modischen Mitbestimmung.
Heißt: Ich durfte entscheiden, was der kleinen M. angezogen wird, ignorierte unwidersprochen anderweitige Outfit-Pläne. Gerne griff ich in dieser Zeit auf Nischen-Looks zurück. Einen Tag wurde die kleine M. in rockiges Dunkelschwarz gewandet – Ramones-Pulli, verwaschene Mini-Jeans und dunkle Gummistiefel. Den anderen Tag gab’s den Gamer-Style: Pixelige Leggins – wahlweise kombiniert mit einem Nintendo-Shirt (Aufschrift „Level up“) oder einem „Star Wars“-Body (Aufschrift: „The Force is strong with this one“). Schöne Wochen waren das.
Als ich ihr jedoch letztens wieder die Rocker-Jeans anziehen wollte, erklärte mir die kleine M. unvermittelt ihre Fashion-Unabhängigkeit: „Andare Hosa! Andare Hosa!“
Und zu war’s wieder, mein Fenster.
Foto: Miro Kuzmanovic
Blog-Autor
Mathias Bertsch