Über das Erwachsenwerden meines ältesten Sohnes
Mit der Stimme fing alles an: ständig hatte ich das Gefühl, jemand sei überraschend zu Besuch gekommen, weil die seine nach dem Stimmbruch so fremd und laut klang.
Die größten Schuhe
Und dann kam seine neue Frisur. Seitenscheitel und die mit „Powergel“
nach links geklebten Haare ließen ihn plötzlich um Jahre älter aussehen. Da wurde mir als Vater so richtig bewusst, jetzt wird mein Sohn erwachsen. Die größten Schuhe in der Garderobe sind seine, und dabei war mir, als stünde erst gestern sein erstes kleines Paar da.
Neue Bedürfnisse und Gewohnheiten
Mit der neuen Größe einhergehend ist natürlich auch der neue Platzbedarf: Das Sofa vor dem Fernseher wird nun ganz von ihm ausgefüllt und nur unter Murren ein bisschen freigegeben. Oft ist er der letzte, der abends ins Bett geht. Die Bitte, die Lichter zu löschen, wird zwar gehört, aber auch wieder vergessen. So erstrahlt unser Haus oft die ganze Nacht über in hellem Glanz. Am Tisch staune ich über den Appetit meines Sohnes. Zu Mittag verdrückt er zwei Riesenportionen, um dann anschließend zu fragen, ob es noch einen Nachtisch oder eine Schokolade gebe, er sei ja bei weitem noch nicht satt. Nebenbei belehrt er die ganze Familie über verschiedene Themen – Widerspruch ist zwecklos!
Viel Kraft und Energie
Sein Forscherdrang am Computer stellt mich zwar manchmal auf die Probe, besonders dann, wenn seine Werke unvollendet und gewisse Sachen nicht mehr zu finden sind, aber es macht mich auch stolz. Er überrascht mich immer öfter mit seinem Wissen. Mein Rat wird noch gehört, aber mehr Vertrauen hat er in Computerzeitschriften.
Neidisch macht mich seine unbändige Kraft. Gewisse Gartenarbeit erledigen wir nun in halber Zeit gemeinsam. Während ich mich anschließend erholen muss, merkt man ihm überhaupt nichts an.
Oma als Zufluchtsort
Geschwister erscheinen in diesem Alter als lästiges Übel, besonders die vom anderen Geschlecht. Nur beim geforderten Einsatz im Haushalt wird an die Schwester erinnert. Mehr als von seinen Eltern fühlt er sich von seiner Großmutter verstanden. Diese scheint wesentlich mehr Verständnis für den „fast erwachsenen“ Jungen zu haben. Manchmal harrt er dort – wohlumsorgt – aus, bis zu Hause alle wieder zur Vernunft gekommen sind. So nebenbei erntet er dabei Omas Bewunderung, wenn er ihre technischen Geräte von sämtlichen Viren und Sonstigem befreit.
“Mit großer Spannung erwarte ich
seine nächsten Veränderungen.”
Roland Beer,
Vater dreier Kinder im Alter von 14, 13 und 10 Jahren, Dornbirn