Letztens habe ich eine Fernsehdiskussion gesehen, in der die „neue Rolle“ eines modernen Vaters diskutiert wurde. Alleine dieser Titel machte mich stutzig. „Neue Rolle“, „moderner Vater“? Sind wir Papas in unserer bisherigen Rolle aus der Zeit gefallen? Oder habe ich gar eine Entwicklung verpasst? Es diskutierten da dann alleinerziehende Väter, voll berufstätige Väter und Väter, die, seit ihr Kind auf der Welt ist, Modelle wie Sabbat oder Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen, um mehr Zeit bei den Kindern zu verbringen. Jeder erklärte Vor- und Nachteile seines Modells und seinen Ansatz von Erziehung. Es fiel auf, dass fast alle Väter sich beinahe entschuldigten für das, was sie tun.
Diese Diskussion hat mir zu denken gegeben. Und als Vater von zwei Töchtern (14 und 16 Jahre) habe ich das wieder einmal genutzt, um mich zu reflektieren. Ich habe mich gefragt, wie ich mein Vater-Sein definiere und auslege. Ich bin, seit meine Töchter Julia und Maja auf der Welt sind, selbstständig, führe eine Firma mit zwölf Mitarbeiter:innen und habe immer mindestens ein zusätzliches Ehrenamt gehabt. Viel Aufwand also neben meiner Familie. Umso wichtiger war und ist es mir, dass es eine bewusste Zeit für meine Töchter gibt. Diese Zeit muss nicht immer etwas Besonderes sein, im Sinne eines Ausflugs oder Events, es geht darum, bewusst da zu sein. Das gelingt leichter, wenn die Kinder jünger sind. Meine kleinen Mädchen nahmen damals im Alter zwischen einem und neun Jahren automatisch den Raum ein, sobald ich da war. Sie waren wunderbar präsent, erzählten von ihren Freundinnen, dem Kindergarten oder der Schule. Der Papa ist in dieser Zeit Gesprächspartner und Spielkollege gleichzeitig. In dieser Phase habe ich immer darauf geachtet, dass ich in dieser wunderbar intensiven Zeit, in der mich meine Töchter so präsent wollten, ihnen in diesen Gesprächen oder im Spiel wichtige Dinge fürs Leben mitgeben kann. Themen wie Geduld, Respekt aber auch Kreativität standen da für mich im Fokus.
Es kommt dann eine Zeit, in der man merkt, dass der Zugang zu den eigenen Kindern ein anderer wird. So zirka mit zehn Jahren standen immer mehr Themen im Mittelpunkt, bei denen die Erwachsenen nicht so gefragt waren. Das irritiert am Anfang, war ich doch lange Ansprechpartner für „alle“ Themen. Doch schnell erkannte ich, dass das sehr gut ist und meine Mädchen gerade einen großen Entwicklungsschritt machten. Der Papa ist in dieser Zeit „selektiv“ gefragt und gefordert. Es sind nun andere Inhalte als Freundschaftsprobleme oder Schulaufgaben, aber die Themen blieben für mich die gleichen: Geduld, Respekt und Kreativität.
Den nächsten Sprung habe ich dann mit 13 wahrgenommen. In diesem Alter lösten sich die Mädchen weiter von den Eltern. Plötzlich waren Jungs ein Thema, die Kleidung sehr
wichtig und es wurde versucht, Grenzen auf eine andere Art zu testen. Und wieder muss sich der Vater wandeln. Er muss mal klar Grenzen zeigen, mal die Leitplanken im Leben geradebiegen und natürlich vor allem weiterhin da sein für seine Kinder. Meist ist man in dieser Phase Zuhörer, das reicht sehr oft. Aber manchmal braucht es auch einen kleinen Schubs, um seinen Kindern Orientierung zu geben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es keine „neuen“ Rollenbilder für Väter braucht. Ja, die Voraussetzungen sind verschieden, je nachdem wie die privaten oder beruflichen Rahmenbedingungen sind. Aber die Themen und Inhalte sind die gleichen. Wir Väter haben die Rolle, unseren Kindern Richtung zu zeigen und Orientierung zu geben. Das tun wir mit viel Gefühl und väterlicher Liebe. Das darf sich nicht ändern und wir dürfen uns nicht verunsichern lassen. Denn ich gebe zu, solche Diskussionsrunden wie die, von der ich anfangs erzählte, machten mich unsicher. Heute kann ich sagen, das Vater-Sein ist so bunt wie das Leben. Es gibt kein Patentrezept, es gibt aber das Gefühl und die Liebe, die jeder Papa mitbringt. Mit diesen Zutaten sind wir Richtungsgeber und damit sehr gute Väter – da bin ich mir sicher.
Autor
Martin Dechant
Vater von zwei Kindern
Geschäftsführer
ikp Vorarlberg GmbH