Nur fünf Prozent der deutschen Väter gehen in Elternzeit. Oft nur für wenige Wochen. Was machen andere Länder besser? Ideenimport, der Podcast der tagesschau, sucht nach Ideen im Ausland.
Windeln wechseln, Kinderwagen schieben, Brei geben – rein statistisch ist das in Deutschland immer noch überwiegend Sache der Frauen. Im vergangenen Jahr nahmen nur fünf Prozent der deutschen Väter Elternzeit, aber 38 Prozent der Mütter, teilt das Statistische Bundesamt auf Anfrage des Ideenimports mit.
Zwar haben sich diese Zahlen während der Corona-Pandemie stark verändert: Mittlerweile sind doppelt so viele Väter in Elternzeit wie noch vor zwei Jahren. Doch wenn es darum geht, sich ums Kind zu kümmern, sind Männer den Frauen weit hinterher.
Dabei zeigen Untersuchungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass Väter durchaus etwas von einer Kinderauszeit haben. Laut OECD sind sie “involvierter”, wenn sie sich um Kind und Familie kümmern, was positive Auswirkungen auf die kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes hat. Die OECD rät der Politik in all ihren Mitgliedsstaaten, Anreize für Väter zu schaffen, häufiger und länger in Elternzeit zu gehen.
Doch bieten in der Bundesrepublik die Elternzeit-Modelle zu wenige Anreize? Sind sie zu starr, um Väter in Elternzeit zu bewegen? Ist der Lohnunterschied von Frauen zu Männern mit 18 Prozent so groß, dass sich Familien eine Väterauszeit nicht leisten können?
Elternzeit ist das Recht der Eltern, nach der Geburt des Kindes zuhause zu bleiben und sich ums Kind zu kümmern. Wer in Elternzeit ist, darf nicht gekündigt werden. Der Arbeitgeber muss den Job drei Jahre lang frei halten. In dieser Zeit können sich die Eltern teilweise ihr Einkommen vom Staat weiter zahlen lassen. Das nennt man Elterngeld. Wer wenig verdient, bekommt bis zu 100 Prozent vom letzten Einkommen, maximal jedoch 1800 Euro. Elterngeld gibt es bis zu 14 Monate. Väter und Mütter können sich in die 14 Monate frei einteilen. Aber: Einer von beiden muss mindestens zwei Monate nehmen, sonst verfallen diese beiden Monate.
Was Luxemburg und Japan anders machen
Eines der flexibelsten Modelle für frischgebackene Eltern hat Luxemburg, wie ARD-Korrespondent Matthias Reiche im Podcast erklärt. Im Großherzogtum bekommen Eltern durchschnittlich etwa 75 Prozent ihres Gehalts weiter gezahlt. Wer voll arbeitet, kann wählen. Es gibt einerseits vier oder sechs Monate Vollzeit-Elternurlaub sowie andererseits – anders als in Deutschland – acht oder zwölf Monate Teilzeit-Elternurlaub. In der Teilzeit-Variante kann man zum Beispiel jeden Tag etwas früher Schluss machen, einen Tag pro Woche frei nehmen oder in selbst gewählten Abständen jeweils einen Monat. Zudem hat es Luxemburg geschafft, das Gender Pay Gap so gut wie verschwinden zu lassen. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern beträgt in Luxemburg im privaten Sektor bei 0,7 Prozent. Im öffentlichen Sektor verdienen Frauen sogar leicht mehr als Männer. Laut Reiche ein Grund dafür, dass Männer in Luxemburg vergleichsweise oft und länger in Elternzeit gehen.
Flexibilität und kaum Lohnunterschiede – das sind für ARD-Korrespondent Reiche Gründe dafür, dass Väter in Luxemburg viel häufiger in Elternurlaub gehen als in Deutschland. “Es sind fast genauso viele Männer wie Frauen, die in Luxemburg mindestens vier Monate nach der Geburt des Kindes frei machen”, so Reiche.
Ganz anders ist es in Japan, wie ARD-Korrespondentin Katrin Erdmann im Ideenimport erklärt. Das Land hat zwar eines der großzügigsten Elterngeld-Systeme der Welt, doch nur sehr wenige Väter nehmen es in Anspruch. “Bei den Ehemännern ist es so, dass sie oft noch fürchten, wenn ich jetzt zuhause bleibe, dann werde ich danach vielleicht gemobbt, dann habe ich schlechtere Aufstiegschancen. Da bleibt eben auch die Unsicherheit und der gesellschaftliche Druck”, berichtet Erdmann.
Ideensuche im tagesschau-Podcast
Für viele Fragen, die im Alltag immer wieder aufkommen, gibt es irgendwo auf der Welt garantiert schon gute Ideen, mögliche Vorbilder und Lösungsansätze: Wie besser mit stark steigenden Energiepreisen umgehen? Was tun, um sich gesünder zu ernähren? Warum leben Menschen in anderen Ländern teils länger?
Der Auslandspodcast der tagesschau sucht und findet sie – zusammen mit den Korrespondentinnen und Korrespondenten in den 30 Auslandsstudios der ARD. Ideenimport will den Blick über den sprichwörtlichen Tellerrand weiten und mit frischen Ideen für neuen Input in politischen und gesellschaftlichen Debatten sorgen.
Ideenimport erscheint jeden zweiten Freitag. Sie können den Podcast jederzeit zu Hause oder unterwegs auf Ihrem Smartphone hören – jeden zweiten Freitagmorgen finden Sie eine neue Folge auf unserer Webseite, in der ARD-Audiothek und auf zahlreichen weiteren Podcast-Plattformen.
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ideenimport-elternzeit-101.html