Gute Beziehungen hätten wir gerne zu unseren Partnerinnen und Partnern, zu unseren Kindern, zu unseren Eltern, zu Freunden. Also zu Menschen, die uns etwas bedeuten. Dabei vergessen wir regelmäßig den wichtigsten Akteur – uns selbst! Eine gute Beziehung zu mir selbst, ist die Voraussetzung für gute Beziehungen zu anderen. Wer sich selbst kennt, mag und mit sich eher im Reinen ist, ist in der Lage, sich zu anderen eher authentisch und echt zu verhalten. Dabei ist das JA zu mir und das NEIN zu anderen oftmals die schwierigste Entscheidung, die wir zu treffen haben. – Es braucht eine große Kraft, um zu sagen: Ich nehme mich an, so wie ich bin. Und es dauert oft lange, bis man sich mag, wie man ist. Doch wir brauchen uns selbst zum Verbündeten, um unser Leben zu meistern.
Das ist die Schlüsselstelle im Leben, wenn man sich endlich für sich entscheidet und nicht mehr versucht zu sein, wie man meint, sein zu müssen. Die mit Abstand größte Erschütterung und der größte Qualitätsgewinn in meinem Leben war das Mich- Einlassen auf unsere Kinder. Es war die Erkenntnis und Entscheidung, dass ich unsere Kinder nicht nach meinem Willen und meinen Idealen biegen darf, sondern ihnen Angebote machen kann, die sie annehmen können oder auch nicht. Und dass es meine Aufgabe ist, mit meinen Gefühlen, die dabei entstehen, umgehen zu lernen.
Das hat zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Führung in Familie und im beruflichen Kontext geführt. Der Grazer Psychologe und Klinikleiter Prof. Dr. Michael Lehofer ist überzeugt, „dass der Mangel an Selbstbejahung das Resultat eines aggressiven Sozialisationsprozesses ist.“ Lehofer ist überzeugt, dass das Kennzeichen einer aggressiven Sozialisation der Verlust der Freiheit des Sozialisierten (also des Kindes) sei. Doch wir müssen frei sein, um uns unbeschadet anpassen zu können. Kinder wollen kooperieren, doch macht man sie täglich falsch für ihr Sosein, dann ist es schnell vorbei mit der Kooperation. Wir kooperieren in der Hoffnung, geliebt oder belohnt zu werden, doch das geschieht nie.
Die amerikanischen Paartherapeuten Julie & John Gottman erkannten schon früh einige wesentliche Beziehungskiller:
a) Das ist alles deine Schuld … Kritik: Schuldzuweisungen und Anklagen, die ihren Höhepunkt in einer generellen Verurteilung der Person des Partners finden.
b) Das war ich nicht, hat nichts mit mir zu tun … Abwehr/Verteidigung mit Rechtfertigung (und Verleugnung der eigenen Anteile), die den Konflikt aufrechterhalten.
c) So ein blöder Kerl … Verachtung und Geringschätzung des Partners.
d) Darüber red‘ ich nicht … „Mauern“, Rückzug aus der Kommunikation, z.B. durch Schweigen.
Die Gottmanns beobachteten bei unglücklich-instabilen Partnerschaften ein deutliches Überwiegen von negativen Interaktionen. Sie kamen zu dem Schluss, dass in stabil-zufriedenen Beziehungen das Verhältnis von positivem zu negativem Verhalten mindestens 5:1 betragen muss; eine negative Interaktion kann durch fünf positive kompensiert werden. Was braucht es also, um in glücklichen Paarbeziehungen zu leben? Wenden Sie sich einander zu, nicht ab, lösen Sie Ihre lösbaren Probleme, überwinden Sie Pattsituationen.
Sorgen Sie dafür, dass diese Beziehung für Sie selbst Sinn macht! Und kümmern Sie sich gut um sich selbst, um Ihre Bedürfnisse und ihr Ja zu sich selbst! Ist das Egoismus? Nein, das ist beste Selbstfürsorge.
Autor
Mathias Voelchert
Gründer und Leiter familylab Deutschland
Quelle: Herbstausgabe der Zeitung “FAMILIE” des Vorarlberger Familienverbands