Ich darf heute etwas zum Thema “wohnen” aus Vätersicht schreiben, was mir als eine sehr reizvolle Aufgabe erscheint. Reizvoll deshalb, weil ich mit meiner Familie (ich und meine Frau haben drei Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren) seit nunmehr 10 Jahren quasi in einer Wohngemeinschaft mit den Großeltern meiner Frau zusammenwohne. Ich möchte eine kleine Liste erstellen mit den Vor- und Nachteilen einer solchen Wohnsituation.
Zu den Vorteilen:
1. Finanzielle Entlastung: Wir haben ein Einfamilienhaus mit einer Einlegerwohnung gebaut. Zum einen konnte die Kredit-Rückzahlrate durch eine Steigerung des Eigenkapitals gemeinsam mit den Großeltern deutlich gesenkt werden. Zum anderen bietet die getrennte Einlegerwohnung die Möglichkeit zusätzlicher Mieteinnahmen, wenn Oma und Opa einmal nicht mehr unter uns weilen.
2. Entlastung bei der Kinderbetreuung: Opa und Oma sind in mehr oder weniger guter Verfassung, sodass ein Leben Tür an Tür eine riesige Entlastung für uns bedeutet. Die Kinder spielen durch die direkte Verbindung der Wohnungen abwechslungsweise bei den “Oldies” und bei uns. Auch wenn meine Frau oder ich mal eine Stunde weg müssen, so können wir die Zeit gut mit der Betreuung durch die Großeltern überbrücken.
3. Entlastung im Haushalt: Einkäufe z.B. können gut in einem Aufwasch für beide Parteien erledigt werden. Ansonsten gibt es eine Reihe kleinerer und größerer Aufgaben im Haushalt, die unsere Großeltern gut und gerne übernehmen.
4. Es ist immer jemand im Haus: Wenn wir auf Urlaub fahren oder abends weg sind, sind Oma und Opa zuhause und hüten das Haus. Das beruhigt die Nerven und fördert die Urlaubsstimmung!
5. Entlastung und Freiraum für die Partnerschaft: Wenn meine Frau und ich am Abend mal eben zwei Stunden zum “Quatschen” außer Haus gehen, ist auf die Oldies verlass, da sie aufmerksam über die schlafenden Kinder wachen.
Natürlich gibt es auch Aspekte, die man als Nachteil einer solchen Wohnform bezeichnen könnte:
1. Unterschiedliche Auffassungen bzgl. der täglichen Ration an Zucker für die Kinder: Das Problem ist vermutlich bekannt, schlagend wird es jedoch dann, wenn man wirklich direkt mit den Großeltern zusammenwohnt. Das richtige Maß an Schokolade, Lutschern, Überraschungseiern und Bonbons zu finden ist eine echte Herausforderung!
2. Die eingeschränkte Privatsphäre ist gewöhnungsbedürftig. Mal eben am Wochenende morgens nackt runter in die Küche huschen und was aus dem Kühlschrank holen? Fehlanzeige. Zumindest bei Menschen wie mir, die ein normal ausgeprägtes Schamgefühl haben, kann das schnell zu peinlichen Überraschungen führen!
3. Es braucht einen “Plan B”. Was tun, wenn z.B. ein Teil der beiden Großeltern pflegebedürftig wird? Sind wir als Familie auf diesen Fall vorbereitet, wenn sie ihrerseits einmal Zuwendung brauchen sollten und nicht mehr zur Entlastung beitragen können? Eines ist klar: Ein klassisches Generationenmodell beinhaltet auch, dass man bereit ist zu geben – und nicht immer nur zu nehmen…
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass für uns die Vorteile deutlich überwiegen. So eine Wohnform kann aus meiner Sicht gelingen, wenn folgende Bedingungen gegeben sind:
1. Jede/r nimmt Rücksicht auf die anderen und ist fähig, den eigenen Sturschädel zugunsten der Gemeinschaft etwas zu bändigen
2. Leben und leben lassen! Sich nicht dreinreden und das Anderssein des anderen zu respektieren ist unbedingte Voraussetzung! Das gilt m.E. für beide Seiten.
Blog-Autor
Dr. Michael Willam